Webhosting-Pionier: Wie GeoCities das Web veränderte

Tom Brühwiler
Autor:

Tom Brühwiler

Kategorie:

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Internet & Recht

Veröffentlicht am 12. Dez. 2023

Aktualisiert am 24. Sept. 2024

Das Internet der 90er Jahre war voll von blinkenden Texten, verpixelten Grafiken, Neonfarben und einfachem HTML-Code. Eine der Speerspitzen des frühen Website-Hypes war GeoCities.

Titelbild «Webhosting-Pionier: Wie GeoCities das Web veränderte»

Mitte der 1990er Jahre steckte das World Wide Web noch in den Kinderschuhen. Es war die Zeit der klobigen Computer, der lauten, langsamen Modemverbindungen und die Welt kannte weder Smartphones, Laptops noch Social Media. Wer im Internet surfen wollte, setzte sich in ein Internetcafé oder wählte sich zum teuren Minutentarif ins Internet ein.

An der Westküste der USA las David Bohnett 1994 im «PC Magazine» einen Artikel über das World Wide Web und war sofort davon überzeugt, dass sich das Web zu einem für alle zugänglichen, weltumspannenden Netz entwickeln würde. Er war sich sicher, dass Firmen eine Präsenz im World Wide Web brauchen würden und gründete noch im selben Jahr zusammen mit John Rezner die Firma «Beverly Hills Internet» und begann damit, Webhosting für kleine lokale Unternehmen anzubieten.

Screenshot GeoCities-Startseite aus dem Jahr 1996

Die GeoCities-Startseite anno 1996. Ältester Snapshot in der Internet Archive Wayback Machine.

Mit ihrem Angebot waren sie zwar weder die ersten noch die einzigen, aber sie machten es anders: Sie boten nicht nur 2 Megabyte (später sogar 15 MB) kostenlosen Speicherplatz an, sondern schufen auch virtuelle «Nachbarschaften», um eine thematische Struktur für die Websites zu schaffen. Einmal eingeloggt, wählte man auf einer 2D-Karte ganz einfach die Nachbarschaft aus, die am besten passte: von «Colosseum», «Hollywood» und «Rodeo Drive» über «Sunset Strip» und «Wall Street» bis hin zu «West Hollywood». Ging es also um Finanzen und Wirtschaft, war «Wall Street» die richtige Adresse, wenn das Thema Film oder Schauspielerei, war «Hollywood» besser geeignet.

Aus «Beverly Hills Internet» wird «GeoCities»

Was folgte, ist Internet-Geschichte: Mitte 1995 vereinfachte das Unternehmen die Möglichkeiten zur Erstellung von Webseiten mit einem Seiteneditor, erweiterte die «Nachbarschaften» und führte rudimentäre Chats und weitere Community-Elemente ein. Ende 1995 verzeichnete das Webverzeichnis bereits über sechs Millionen Seitenaufrufe pro Monat und Tausende von Neuanmeldungen pro Tag. Die beiden Gründer beschlossen, sich ganz auf den Aufbau von Communities und Mitgliedschaften zu konzentrieren und benannten ihre Firma Ende 1995 um: Aus Beverly Hills Internet wurde GeoCities.

Screenshot GeoCities-Website aus One Terabyte of Kilobyte Age Photo Op

Screenshot der ältesten GeoCities-Website im Fundus des Kunstprojekts «One Terabyte of Kilobyte Age Photo Op».

GeoCities entwickelte sich schnell zu einer der beliebtesten Plattformen des frühen World Wide Web. Das für die damalige Zeit innovative Konzept, das die Seiten in thematische Nachbarschaften zu gliedern, sprach Millionen von Menschen auf der ganzen Welt an und machte GeoCities in den späten 90er Jahren zur fünftmeistbesuchten Website.

Yahoo übernimmt – und scheitert

Mitten in der Dotcom-Blase übernahm Yahoo im Januar 1999 für rund 3,6 Milliarden US-Dollar den damaligen Platzhirsch im Internet und sorgte kurz darauf mit einer Reihe von Änderungen für Verärgerung. Nach einer Änderung der Nutzungsbedingungen, die alle Rechte an Inhalten und Bildern Yahoo einräumte, kam es zu einem Massenexodus der Nutzenden. Später passte das Unternehmen auch die URL-Struktur an und setzte fortan auf Adressen, die auf den Mitgliedsnamen bei Yahoo basierten.

Auch die rasante Weiterentwicklung des Internets und das Aufkommen von modernen Plattformen wie MySpace, Facebook oder Blogger, die deutlich mehr Interaktivität und Personalisierung boten.

Das endgültige Ende von GeoCities kam im Jahr 2009, als Yahoo die Schliessung der Plattform ankündigte. Diese Entscheidung löste eine Welle der Nostalgie aus. Mehrere Gruppen versuchten trotz der kurzfristigen Ankündigung von Yahoo, so viele der Websites wie möglich zu sichern, um diesen Teil der Internetgeschichte zu bewahren. Und so finden sich, zum Beispiel in der Wayback Machine des Internet Archive viele der ehemaligen Geocities-Websites oder beim Archive Team ein ganzer Torrent mit den Websites von damals. Selbst für diejenigen, die all die wild blinkenden, animierten GIFs von damals vermissten gibts gute Nachrichten: Mit der GeoCities Animated GIF Search Engine lassen sich auch heute noch über 1,6 Millionen der nostalgischen Zeitzeugen finden.

Hattest du damals auch eine Geocities-Website? Teile deine URL mit der cyon-Community in den Kommentaren.

Titelbild: Super Snapper/Unsplash, eigene Bearbeitung

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2 Kommentare

Jason
Jason 13. Dez. 2023 16:51

Irgendwas mit Area51. Ist leider zu lange her, um mich an die komplette URL erinnern zu können. Man wird älter :-)

Philipp Zeder
Philipp Zeder cyon
15. Dez. 2023 15:52

Da geht’s dir gleich wie uns. 😅