So ist der neue cyon-Brand entstanden
Tom Brühwiler
Kategorie:in
Über cyon
Veröffentlicht am 28. Juli 2021
Aktualisiert am 4. Okt. 2022
Diesen Blogbeitrag gibt es auch in Englisch bei unseren Kolleginnen und Kollegen von Nothing.
Vor eineinhalb Monaten haben wir unseren neuen Brand gelauncht. Neben der komplett neuen Website ist dabei das cyon-Logo, dessen «o» eine Orange symbolisiert, sicher das Augenfälligste am neuen Auftritt. Welche Überlegungen steckten dahinter? Und wie wurde bei der Entwicklung des neuen Brand vorgegangen?
Wir haben uns mit Stefan Villiger unterhalten. Stefan ist Interaction-Designer bei der Designagentur Nothing und war die letzten Monate zusammen mit uns massgeblich an der Entwicklung und Umsetzung des neuen Markenauftritts beteiligt.
Stefan, wie bist du an das Projekt herangegangen, was waren die Vorgaben?
Konkrete Vorgaben gab es nur wenige. Klar war, dass der Name cyon und die zentrale Farbe Orange erhalten bleiben sollen. Zudem sollte die Früchtewelt beibehalten und als Komplementärfarbe Violett eingesetzt werden. Ausserdem sollten im Logo nur bedeutungsvolle Bildelemente eingesetzt werden, denn die Bedeutung des bisherigen «Flügeli» im Logo war nie richtig klar.
Um zielgerichtet vorgehen zu können habe ich mit meinem Nothing-Kollegen Bastiaan, der cyon bereits aus einer früheren Zusammenarbeit kannte, eine Orientierungshilfe definiert: «cyon ist 18 Jahre alt geworden und damit volljährig. Es gilt, diesen Reifeprozess zu würdigen und diese Jahre zu zelebrieren.»
Damit stand bereits fest, dass es nicht um eine Neuinterpretation, sondern vielmehr um eine Weiterentwicklung von cyon geht. Wir wollten zum Brand Sorge tragen und haben daraus ein evolutionäres statt revolutionäres Vorgehen und gleichzeitig einen behutsamen Umgang mit dem visuellen Erbe abgeleitet. Diese beiden Grundsätze bestimmten fortan die Richtung, ohne dass sie von vornherein den Gestaltungsfreiraum eingeengt hätten.
Und wie ging es weiter?
Das Fundament war also gesetzt. Nun ging es darum, mir ein eigenes Bild von cyon zu schaffen. Ich begann damit, all das Material zu sichten, das cyon bereits erarbeitet hatte: Eine Unternehmensbeschreibung, die Resultate eines Positionierungsworkshops, Logoentwürfe und vieles mehr. Damit entwickelte ich erstmals ein Grundgespür für die Marke und die von cyon vertretenen Werte.
Danach versuchte ich mir einen neutralen, von der Innensicht losgelösten Blick auf cyon zu verschaffen. Wie gestaltet sich ihr bisheriger Webauftritt? Was vermitteln die Social Media-Aktivitäten? Finde ich authentische Kundenfeedbacks? Damit habe ich mein Grundgespür weiterentwickelt. Ich hatte nun ein eigenes Bild davon im Kopf, für was cyon steht und was das Unternehmen ausmacht.
Während dieses Prozesses blitzen immer wieder Gedanken auf. Stichwörter wie «Vertrauenswürdigkeit», «Herzlichkeit», «Freude», «Authentizität» oder «Offenheit» gingen mir durch den Kopf. Oder auch erste konkretere Ideen entstanden, zum Beispiel, dass das Logo auch ein verspieltes Detail enthalten darf, um cyons Wert «Freude» zu vermitteln.
An diesem Punkt ist es allerdings ratsam, sich diese Gedanken zwar zu notieren, sie aber gleichzeitig auf die Seite zu legen. So bleibt genügend Raum für die Entstehung weiterer Ideen.
OK, damit hattest Du erst mal ganz viele Informationen gesammelt. Aber wie wird daraus jetzt ein neuer Brand?
Ja, jetzt galt es ernst. Aus all den Informationen musste nun nämlich die Essenz extrahiert und gestalterisch in ein Logo übersetzt werden. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Individualität des Gestalters ans Tageslicht kommt.
Ich befasse mich leidenschaftlich gern mit Kalligrafie und Typografie. Diese Leidenschaft hat auch bei der Ideensammlung dazu geführt, die Schrift ins Zentrum zu setzen und die weiteren Eigenschaften des Logos daraus abzuleiten. Eine dieser Ideen war, den Buchstaben «o» mit Hilfe eines Blattes in eine Frucht zu verwandeln. Ausserdem habe ich gestalterische Ansätze für verschiedene Varianten definiert: Mal mit Schrifttyp A und weichen Kanten, mal mit Schrifttyp B und eckigen Kanten und so weiter.
Die Kombination aus dem «o» als Frucht und den gestalterischen Ansätzen bildeten damit die Ausgangslage für die Arbeit im Illustrationsprogramm. Es ging ziemlich schnell bis das Logo so weit ausgereift war, dass es die Gestaltungsidee vermittelt und Bastiaan und ich klären konnten, ob diese Richtung auch bei cyon als Auftraggeber gut ankommt.
Das neue Logo vereint die bisher getrennte Frucht- und Logowelt: Farbe und cyon-Flügeli werden ins neue Logo übertragen und bilden dort in der Form einer Orange die Brücke zur durch Früchte repräsentierten Produktwelt von cyon. Weitere konzeptionelle Gedanken zu cyons Eigenschaften haben in Form von Schrifttyp, Dicke und Rundung der Buchstaben Einzug ins Logo gefunden.
Im nächsten Schritt entstanden die aufgefrischten Früchte, die sich visuell von der Orange im Logo ableiten. Dass sich Insekten und weitere Gartenbewohner dazu gesellten, war übrigens mehr Zufall als Planung: Just beim illustrieren für cyon setzte sich nämlich ein «Himugüegeli» auf das Glas meiner Balkontür – und ich entschied mich ganz spontan, den Marienkäfer zu illustrieren. Und daraus entwickelte sich auch die besagte Gartenmetapher: Der belebte, blühende Garten steht als Sinnbild eines gesunden Ökosystems für die Mission von cyon, das Internet zu einem besseren Ort zu machen.
Der Teufel steckt bekanntlich ja im Detail. Welche Stolpersteine gab es?
Zum Beispiel die Schrift im neuen cyon-Logo. Diese basiert auf der Schriftart «Sofia», welche auf die Darstellung von Fliesstext ausgerichtet ist. Damit sie auch im Logo funktioniert, brauchte es deshalb ein paar Anpassungen, zum Beispiel eine Modifikation der Buchstabenformen oder die Optimierung der Abstände.
Immer eine Herausforderung ist auch die Sicherstellung einer stimmigen Gesamtkomposition. Dabei gilt es, eine gute Mischung aus Detailgenauigkeit und Pragmatismus zu erreichen. Jeder Aspekt darf beachtet werden, aber ohne, dass man sich dabei im Detail verliert. Das gilt für das Logo genauso wie für die begleitenden Brandelemente wie Schrift, Icons oder Früchte. Im Zusammenspiel sollen die einzelnen Komponenten zu einem harmonischen Resultat führen.
Als grössten Stolperstein sehe ich aber in jedem Projekt das Thema persönliche Vorlieben. Was Person A gefällt, stösst Person B ab. Das Logo oder ein neuer Brand sollte im besten Fall aber sowohl vom Team, wie auch von der Kundschaft und der Öffentlichkeit positiv wahrgenommen werden. All diesen Menschen und ihren Ansprüchen gerecht zu werden, ist allerdings nicht immer möglich.
Gibt es eigentlich spezielles zu beachten, wenn ein neuer Brand sowohl on- als auch offline funktionieren muss?
Die wichtigsten Anforderungen ans Logo gelten für beide Bereiche: Rasche Erfassbarkeit und flexible Einsatzmöglichkeiten, also sowohl in Farbe als auch in Schwarzweiss, mal gross, mal klein und so weiter.
Gerade im Onlinebereich ist aber die Flexibilität besonders wichtig. Hier muss das Logo auch mal in prekären Platzsituationen funktionieren, beispielsweise als Favicon, also das kleine Bildchen, das in der URL-Zeile des Webbrowsers angezeigt wird, oder als Profilbild in den sozialen Medien. Ein aus dem Logo herauslösbares Element – wie im Falle von cyon die Orange – wirkt dabei Wunder.
Da sowohl cyon wie auch ich nahezu ausschliesslich im Onlinebereich tätig sind stand dieser Bereich auch klar im Fokus. Aber die Wahrheit lautet: Ich kann mich nicht daran erinnern, während des Entstehungsprozesses über die Offlineanwendung nachgedacht zu haben. Aber das Logo konnte bisher glücklicherweise auch allen offlinespezifischen Anforderungen gerecht werden 😅.
Danke für die spannenden Einblicke in deine Arbeit, Stefan.
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4 Kommentare
Danke für die Einblicke.
Vielen Dank für diesen wirklich spannenden Einblick…ich bin mit meinem Logo immer noch auf der Suche.
Vielleicht hilft dir unser Beitrag zum Thema Brand/Branding weiter:
https://wedot.ch/lexikon/branding
Das Logo ist gelungen und hat deutlich mehr Impact als das bisherige. Jetzt einfach die nächsten ein bis zwei Jahrzehnte nicht schon wieder ändern – wenn’s geht…